FBI-Hausdurchsuchung bei Trump | Konsequenzen

Ein Bild vom grisenden damals noch Präsidenten Trump mit der Überschrift: "Dokumentenfunde bei Trump" | © 2022 Claus R. Kullak | History in HD / Unsplash | crk-respublica.de

Die Veröffentlichung von Durchsuchungsbefehl und Beschlagnahmungsquittung zur Hausdurchsuchung bei Trump zeigen, wie große Konsequenzen dem Ex-Präsidenten drohen.

Über die Hintergründe der Hausdurchsuchung in Donald Trumps Domizil Mar-A-Lago in Palm Beach, Florida, hatte ich bereits berichtet. Obwohl Trump selbst im Besitz beider Dokumente ist, forderte er vom amerikanischen Justizministerium (Department of Justice, DOJ) Ende vergangener Woche die Veröffentlichung des Durchsuchungsbefehls und der Liste beschlagnahmter Gegenstände. Beides wurde durch einen entsprechenden Antrag des Generalbundesanwaltes Merrick Garland möglich.

Dadurch wissen wir heute, wie genau die Vorwürfe in Zusammenhang mit der Unterschlagung von Regierungsdokumenten durch Trump am Ende von dessen Amtszeit als US-Präsident aussehen. Ferner haben wir Kenntnis gewonnen über die Zahl der Beweise, die für einzelne dieser Vorwürfe gefunden wurden.

Im Durchsuchungsbefehl genannte Rechtsnormen

Interessanterweise gingen die Vermutungen entsprechender juristischer Spezialisten darüber, gegen welche Paragraphen Trump verstoßen haben könnte, schon in die richtige Richtung. Genannt hatten sie – wie ich in meinem ersten Artikel schrieb – schon 18 US Code § 1924 und § 2071. Leicht abweichend nennt der Durchsuchungsbefehl für die Hausdurchsuchung nun Folgendes:

  • 18 US Code § 2017 – Hier geht es um die Unterschlagung, Beseitigung oder Zerstörung von jedweder Art von Unterlagen aus dem Besitz der US-Regierung und ihrer Institutionen. Entsprechende Handlungen können mit Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu drei Jahren belegt werden.
  • 18 US Code § 1519 – Der Paragraph wendet sich gegen die Zerstörung, Veränderung oder Fälschung von Unterlagen mit dem Ziel der Behinderung von Ermittlungen. Das Strafmaß besteht hier aus Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu 20 Jahren.
  • 18 US Code § 793 – Dies ist Teil des sogenannte Spionagegesetzes. Hier geht es um die Sammlung, Übertragung oder den Verlust von Informationen zur nationalen Verteidigung der USA. Auch hier sind Geldstrafen und bis zu zehn Jahre Haft angesetzt.
    Zwei Absätze hieraus sind relevant:
    • Buchstabe (d)* betrifft Personen, die rechtens im Besitz entsprechender Informationen wie Bilder sind und diese entweder willentlich weitergeben oder veröffentlichen oder diese widerrechtlich behalten.
    • Buchstabe (f) betrifft ebensolche Personen, die
      • Absatz (1)* entsprechende Informationen von ihren zugewiesenen Ort entfernen oder
      • Absatz (2) von demselben Vorgang Kenntnis haben.

* Man möge mir verzeihen, dass ich kein Detailwissen über die Zitation US-amerikanischer Rechtstexte besitze.

Kurze Vorgeschichte der Hausdurchsuchung

Diese Paragraphen helfen uns bei der Einordnung jener bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Dokumente. Zunächst aber kurz zur Erinnerung (mehr dazu in meinem ersten Artikel):

Trump war bereits zum Ende seiner Amtszeit als Präsident darauf hingewiesen worden, dass er keine Unterlagen werde mitnehmen dürfen, da diese sämtliche im Staatsbesitz verbleiben müssen. Wie sich jetzt herausstellte, beauftragte Trump wie üblich zwei Mitarbeiter mit der Übergabe der Dokumente und dem Kontakt zum National Archive: White House Councel Pat A. Cipollone und dessen Stellvertreter Patrick F. Philbin.

Beide sind – mindestens Philbin schon im Februar – auch in Zusammenhang mit der Ermittlung befragt worden, die jetzt zur Hausdurchsuchung führte.

Bekannt war bereits, dass Trump trotz hinreichender Vorwarnung eine Anzahl von Kartons mit Unterlagen mit in sein Golf-Ressort Mar-A-Lago genommen hatte. Von diesen hatte er zunächst im Januar 15 Kartons zurückgegeben und behauptet, die Unterlagen lägen damit vollständig beim National Archive. Im Juni hatte sich dieser Vorgang wiederholt. Trumps Anwälte betonten danach, nun seien aber alle Unterlagen übergeben worden. (Das wird gleich noch zum Tragen kommen.)

Dem folgte nun die Hausdurchsuchung, bei welcher abermals eine größere Anzahl an Kisten mit Dokumenten aus Trump Besitz genommen wurden.

Bei der Hausdurchsuchung gefundene Dokumente

Die Quittung für beschlagnahmte Gegenstände weist Folgendes aus:

  • 21 Kisten mit Dokumenten, darin unter anderem enthalten:
    • 3 Sets mit verschiedenen als ‚Confidential‘ gekennzeichneten Dokumenten
    • 3 Sets mit verschiedenen als ‚Secret‘ gekennzeichneten Dokumenten
    • 4 Sets mit verschiedenen als ‚Top Secret‘ gekennzeichnete Dokumenten
  • 1 ledergebundener Ordner, darin enthalten:
    • verschiedene als ‚Top Secret/Sensitive Compartmented Information‘ gekennzeichnete Dokumente
  • 2 Fotoordner
  • Roger Stones Begnadigung
  • Informationen über den französischen Präsidenten
  • Potentielle präsidiale Dokumente
  • 1 handschriftliche Notiz

Ich hatte schon einmal festgehalten, dass Donald Trump gar keine Dokumente hätte mitnehmen dürfen, da diese entweder von vorn herein dem Staat gehörten oder durch die Gesetzgebung für präsidiale Dokumente (Presidential Records Act) zum Eigentum des Staates werden. Ich denke aber, wir können uns hier getrost auf die Betrachtung derjenigen Dokumente beschränken, die als geheim eingestuft worden sind.

Geheimhaltungskategorien in den USA

Die USA unterscheiden drei Grade der Geheimnisklassifizierung. Aufsteigend sind dies: ‚Confidential‘, ‚Secret‘ und ‚Top Secret‘, wie der ehemalige CIA-Offizier David Priess gegenüber MSNBC (1) erläutert. Alle drei sind lediglich beschränkten Personengruppen zugänglich und dürfen nicht mit nach Hause genommen werden. Die Kennzeichnungen sind jeweils so deutlich aufgedruckt, dass Missverständnisse ausgeschlossen sind, so David Priess auf MSNBC (2) weiter.

Mit ‚Top Secret‘-Material, bei dem es sich in der Regel um Informationen zur nationalen Sicherheit und ähnlich wichtige Staatsgeheimnisse handelt, darf nur in speziellen Einrichtungen hantiert werden, so Sadie Gurman gegenüber MSNBC. ‚Sensitive Compartmented Information‘ (SCI) dürfen sogar nur noch weiter eingeschränkten Personenkreisen im Inneren von ‚SCI Facilities‘ (SCIFs) zugänglich gemacht werden und dürfen sie nicht verlassen. Solche Klassifizierungen richten sich nach dem Grad an Schaden, welcher den USA durch diese Information entstehen könnte, sagt National-Security-Anwalt Marc Zaid auf MSNBC.

Kurz: Trump hätte nichts davon an sich nehmen dürfen.

Wie er selbst dazu steht, zeigt ein Bericht der New York Times: „It’s not theirs, it’s mine“, soll Trump zu mehreren Mitarbeitern über die Dokumente in seinem Besitz gesagt haben. Selbst wenn Hörensagen vor Gericht als Beweis nicht zugelassen ist, ist das im Prinzip ein Schuldeingeständnis, wie MSNBC-Anker Lawrence O’Donnell festhält. Vor allem belegt es Vorsatz, denn Trump war über die Gesetzeslage aufgeklärt und zeigt mit dem Satz, dass er sich bewusst darüber hinwegsetzt.

Bedeutung jener bei der Hausdurchsuchung gemachten Funde

Die Tragweite der Funde lässt sich einerseits an der Klassizifierung der in Mar-A-Lago aufgefundenen Dokumente in verschiedene – inklusive der höchsten für unter anderem Militärinformationen genutzte – Geheimhaltungsstufen einschätzen. Die Benennung von 18 US Code § 793 über die Veruntreuung von Dokumenten zur Nationalen Sicherheit ist daher bezeichnend.

Andererseits erfahren wir aus dem veröffentlichten Durchsuchungsbefehl und der Liste beschlagnahmter Gegenstände nichts Konkretes über den Inhalt der Unterlagen. Lediglich die Washington Post kann berichten, dass es in einem der Papiere, die bei der Hausdurchsuchung wiederbeschafft werden sollten, um Nuklearwaffen geht.

Erratum: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es versehentlich, es sei tatsächlich ein solches Papier gefunden worden. Ob das der Fall ist, ist allerdings unbekannt.

„It’s about as serious as it get’s“, bewertet das Jim Himes auf MSNBC, seineszeichens Mitglied des US-Kongresses und Vorsitzender des nationalen Sicherheitskommittes (national security committee). Zumindest gilt das für die Gefährdung der nationalen Sicherheit. Ob es auch für Trumps juristische Lage gilt, ist bislang unklar, obwohl er es hier mit einer Grand-Jury-Ermittlung zu tun hat.

Gleichheit vor dem Recht

National-Security-Anwalt Marc Zaid verweist darauf, dass die oben zitierten Gesetzesvorschriften in 18 US Code §§ 793, 1519 und 2071 nicht gegen den Präsidenten, sondern gegen Staatsbeamte gedacht sind. Dort werden sie allerdings mit aller Schärfe eingesetzt. Marc Zaid nennt den bekannten Fall um Chelsea Manning, die zu 35 Jahren Haft verurteilt worden war, weil sie die geheimen Irak-Depechen zur Veröffentlichung an Wikileaks weitergegeben hatte, und einen Fall, in welchem ein Mann nur für den Besitz von geheimen Dokumenten ohne deren Weitergabe zu neun Jahren Haft verurteilt worden war.

Immerhin sind in diesen Fall aber auch weniger exponierte Personen als Ex-Präsident Trump verwickelt. Potentiell stehen alle im Blick des DOJ, die mit dem rechtswidrigen Abtransport der Dokumente vom White House nach Mar-A-Lago vertraut oder daran beteiligt waren. Inklusive der Anwälte Cipollone und Philbin, die in Trumps Auftrag jene die Ermittlungen erschwerende Aussage getroffen hatten, im Juni seien die letzten Unterlagen übergeben worden. Trump muss deren Aussagen vor der Grand Jury also fürchten.

Die Rechtsstaatlichkeit der USA verlangt, dass alle Bürger – auch der Ex-Präsident – vor dem Gesetz gleich sind. In einem Punkt zeigt sich jedoch schon ein erheblicher Unterschied zwischen Trump und anderen, die gegen die oben genannten Paragraphen verstießen. Sicherheitsspezialist David Priess sagt beispielsweise „It blows my mind“, als er dazu befragt wird, ob die Hausdurchsuchung bei Trump rechtens und nicht voreilig war.

Trumps Argumente gegen die Vorwürfe

In anderen Fällen nämlich, so erklärt er, hätten die Behörden sofort reagiert und entwendete Unterlagen so schnell wie möglich zurückgeholt. Im Fall Trumps erfolgte die Hausdurchsuchung nach wochenlangen Abstimmungen zwischen FBI und DOJ – und erst über 18 Monate, nachdem dieser aus dem Amt ausgeschieden war. Wie üblich nachzuprüfen, wer alles mit den Unterlagen in Berührung gekommen sein könnte, wird daher schwer bis unmöglich werden.

Donald Trumps Behauptung, das FBI sei hier rechtswidrig übergriffig und seine Rechte verletzend auf eine Witchhunt (‚Hexenjagd‘) gegangen, hält also nicht stand. Dasselbe gilt für die These, es habe sich bei der Hausdurchsuchung um eine Fishing Expedition (etwa ‚unbegründete Suche nach irgendwas‘) gehandelt. Sie verblasst angesichts der Beschreibung der zu suchenden Unterlagen im Durchsuchungsbefehl und der dazu passenden Liste von Fundstücken.

Und diese Liste beschlagnahmter Gegenstände:

[…] does tell us something important: It’s not one document that somehow got misplaced and even after being reminded of it and getting a subpoena it could not be located. We are talking about a lot of material here.

[…] sagt uns etwas Wichtiges: Es handelt sich nicht um ein Dokument, das irgendwie verlegt wurde und selbst nach einer Erinnerung und strafbewährter Vorladung nicht gefunden werden konnte. Wir sprechen hier über viel Material.

David Priess, Autor von „The President’s Book of Secrets“

Dass im Übrigen auch vorherige Präsidenten wie Barak Obama geheime Unterlagen behalten hätten, sei falsch, lässt das National Archive wissen.

Mehr Argumente von Trump gegen die Vorwürfe

Der Behauptung, das FBI habe ihm die Beweise nur untergeschoben, widerspricht Trump selbst mit allen der folgenden Argumentationsversuche: Da ist einerseits die Aussage, man hätte Trump nur um die Dokumente bitten müssen, statt eine Hausdurchsuchung zu machen (mehr dazu in meinem ersten Artikel). Andererseits wird behauptet, es habe den Dauerbefehl (standing order) durch Trump gegeben, dass die Geheimhaltung für alle Dokumente aufgehoben werde, die er mit sich in die Residenz des White House genommen habe.

Dem widerspricht David Priess: Auch der Präsident könne die Klassifizierung von Dokumenten nicht aufheben, ohne einen bestimmten Vorgang zu befolgen. Bei diesem würden – sagt der ehemalige CIA-Direktor Leon Panetta auf MSNBC – zunächst die Behörden befragt, welche die Geheimhaltung verfügt hatten. Dann würde die Aufhebung der Geheimhaltung auf jeder Kopie des Dokumentes durch Stempel mit Datumsangaben kenntlich gemacht, so Priess. Andere Geheimnisträger würden informiert. Das sei, bestätigt Jim Himes, ein monatelanger Prozess.

Insgesamt sei ein solcher Vorgang stichhaltig nachvollzieh- und beweisbar. Entsprechende Argumentationsversuche werden sich vor Gericht in Luft auflösen. Addendum: CNN befragte unterdessen 18 Senior Mitarbeiter:innen der Trump-Regierung, darunter den ehemaligen Trump-Sicherheitsberater Michael Balton. Diese wiesen allesamt die Vorstellung eines solchen Dauerbefehls zurück.

Weitere Konsequenzen aus der Hausdurchsuchung

Bleibt natürlich festzuhalten, dass erstens die beiden mit der Übergabe aller Dokumente an das National Archive betrauten Anwälte Pat Cipollone und Patrick Philbin im Bilde gewesen sein müssen, sofern es Versuche einer Aufhebung der Geheimhaltung gegeben hätte. Ihre Aussagen werden entscheidend sein. Und zweitens, dass Trump ohnehin in keinem Fall hätte Dokumente mit nach Mar-A-Lago nehmen dürfen – Addendum: auch keine, die nicht geheim waren, wie Rechtsprofessorin und ehemalige Bundesstaatsanwälting Barbara McQuade gegenüber MSNBC mit Blick auf das Spionagegesetz betont.

Addendum: Die Reaktion des DOJ auf Forderungen nach der Veröffentlichung einer bestimmten eidesstattliche Erklärung (affidavid) ist bezeichnend. In ihrer Stellungnahme verlautbarte das Justizministerium, dass eine solche Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt laufende Ermittlungen gefährden würde. Das Papier bildete die Entscheidungsgrundlage für jenen Bundesrichter, welcher die Hausdurchsuchung bei Trump genehmigte hatte. Üblicherweise werden solche Justizunterlagen bis zur Verfahrenseröffnung geheim gehalten.

Was wir daraus lernen, ist: Es gibt ein weiterhin laufendes Ermittlungsverfahren. Dessen Ziel ist Donald Trump.

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